LG Münster 31.07.2019
Im vorliegenden Fall hatte eine Frau versucht, der Tochter des verklagten Pferdehalters beim Verladen eines Pferdes in den frühen Morgenstunden (es war noch dunkel) zu helfen und nachfolgend mit Ihr als Betreuerin zum Turnier zu fahren. Trotz des Wissens, dass es sich bei dem Pferd um ein scheues bzw. als verladeschwieriges Pferd handelte und wegen der Tageszeit keine optimalen Lichtverhältnisse vorlagen – nach Zeugenaussage war zusätzlich der Pferdehänger auch nicht beleuchtet -, begab sich die Frau in Schlagdistanz der Hinterbeine des Pferdes um es mit einer Gerte zu schlagen. Hierbei kam es zu einem Tritt des Pferdes, wobei die Frau am Kopf verletzt wurde.
Der Dienstherr der Frau, die Frau war beim Land als Beamtin angestellt, verklagte darauf den Tierhalter des Pferdes, die Halterin des Pferdehängers sowie den Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs als Gesamtschuldner auf Schadensersatz.
Das Gericht konnte dem nicht folgen und befand, dass das klagende Land keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung eines Schadenersatzes hätte.
Nach Aussage des zugezogenen Sachverständigen hätte sich die helfende Frau bei der Hilfe in eine Situation begeben, in der sich zumindest für eine mit den pferdetypischen Verhaltensweisen vertraute Person, wie es die Frau sei, die besondere Gefahr einer unkontrollierten und spontanen Reaktion des Pferdes aufdrängte hätte. Sie hätte sich dabei in dem Bereich aufgehalten, in dem sie durch die Hinterläufe des Pferdes getroffen werden konnte.
Das Gericht führte weiter dazu aus, dass es sich bei der Frau um eine erfahrende Reiterin handeln würde, der auch die Verladeschwierigkeit des Pferdes grundsätzlich bekannt gewesen sei. Der Umstand, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (mindestens) ein erster Verladeversuch fehlgeschlagen sei, hätte es für die Frau zudem in der konkreten Situation nochmals deutlich machen müssen, dass mit Angst- oder Panikreaktionen des Pferdes zumindest hätte gerechnet werden müssen. Die Zeugin hätte daher äußerste Vorsicht walten lassen müssen.
Da sich die Frau danach trotz der vorhandenen Warnsignale bei dem zweiten Verladeversuch sodann in dem Gefahrenbereich schräg hinter dem Pferd aufgehalten hätte, wo sie von dessen Hinterläufen – sei es auch nach leichter seitlicher Drehung des Pferdes – getroffen werden konnte, hätte sie in besonders eklatanter Weise trotz Erkennbarkeit der Gefährlichkeit ihres Aufenthaltsortes gegen die Obliegenheit zur Sicherung des eigenen Interesses gehandelt, mit der Folge, dass bereits hierdurch die Haftung des Tierhalters für die Tiergefahr in vollem Umfang zurückgetreten sei.
Auch hinsichtlich der weiteren Beklagten – die Halterin des Pferdehängers sowie der Haftpflichtversicherer des Zugfahrzeugs – würde aus den dargestellten Gründen eine (Gefährdungs-) Haftung vollständig zurücktreten, so das Gericht.
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