Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema: Unpassender nach Maß gefertigter Sattel

AG Kaiserslautern      29.03.2011

„Unpassender nach Maß gefertigter Sattel“

Im vorliegenden Fall kaufte die Klägerin von der beklagten Inhaberin eines Reitsporthandels einen Maßsattel, angefertigt speziell für das Pferd der Klägerin. In den darauffolgenden Wochen wies das Pferd jedoch Schwellungen in der Sattellage auf. Nachdem daraufhin seitens der Beklagten eine Nachbesserung vorgenommen wurde, zeigten sich jedoch erneut Schwellungen in der Sattellage nach dem Reiten. Dies wurde nach einem Reiteinsatz auf einem Turnier von dem dortigen Wettkampftierarzt attestiert. Nachdem Abschwellen der Sattellage gab die Klägerin ihr Pferd zur Untersuchung in eine Pferdeklinik. Die Klinik diagnostizierte einen verspannten Rücken und eine unregelmäßige Polsterung des Sattels. Sodann nahm die Beklagte eine zweite Nachbesserung vor, jedoch wiederum ohne Erfolg. Eine weitere Nachbesserung lehnte die Klägerin ab und ließ in der Folge von einem Sattlermeister eine Satteldruckmessung durchführen. Das Ergebnis ergab, dass der Sattel massive Druckpunkte beidseits in der Sattellage hervorruft.

Daraufhin verklagte die Käuferin die Verkäuferin auf Rücktritt und Schadensersatz aus dem geschlossenen Werklieferungsvertrag über einen Maßsattel

Die Beklagte trug dagegen vor, dass das Pferd zuvor schon mit einem anderen Sattel Satteldruckprobleme gehabt und weiße Stellen in der Sattellege gezeigt hätte. Des Weiteren sei eine Nachbesserung ihrerseits gar nicht erfolgt, da immer nach der Einreitphase nachgepolstert werden würde und dies Nachpolstern keine Nachbesserung darstelle. Auch könnten die tierärztlich festgestellten Verspannungen auf eine Vorschädigung und/oder auf den Turniereinsatz zurückzuführen sein.

Das Gericht gab der Klägerin Recht und sah es nach Hinzuziehung eines Sachverständigen für das Sattlerhandwerk als erwiesen an, dass der gelieferte Maßsattel den Anforderungen an einen Maßsattel nicht genüge und somit mangelhaft sei. So führte der Sachverständige laut Gericht nachvollziehbar und glaubhaft aus, dass bei dem Maßsattel für das besagte Pferd der Schwerpunkt zu weit nach hinten versetzt, die Polsterung zu rund und die Sattelkammer zu eng sei. Auch sah das Gericht das zweimalige Nachpostern des Sattels als Nachbesserungsversuche an und nicht als obligatorisches Nachpolstern nach dem Einreiten.

Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema Beschaffenheitsvereinbarung: Als braves Amateurpferd verkauftes Pferd stellt sich nach Gefahrübergang als „Steiger“ heraus.

Im vorliegendem Fall hatte das LG Heilbronn darüber zu urteilen, ob ein Rücktrittsrecht für den Fall besteht, wenn sich das gekaufte Pferd nach Übergabe als Steiger herausstellt.

Im vorliegenden Fall erwarb die Klägerin das streitgegenständliche Pferd mit der Vereinbarung, dass es sich um ein braves Amateurpferd handele. In den ersten paar Wochen nach Erwerb zeigten sich keine Probleme und die Klägerin startete mit dem Pferd auf einem Anfängerturnier. Nachdem sie im weiteren Verlauf mit dem Pferd nicht mehr zurechtkam, erklärte sie, „dass sie das Pferd so nicht wolle“ und den Kaufpreis zurückverlange gegen Rückgabe des Pferdes.

Der zum Verfahren hinzugezogene Sachverständige sah bei dem streitgegenständlichen Pferd eine Dominanzproblematik, da das Pferd Hilfestellungen des Reiters nicht mehr annehme und sich durch das Hochsteigen auf die Hinterbeine entziehen wolle. Es handele sich hier, so der Sachverständige, um einen sogenannten „Steiger“. Dazu führte der Sachverständige weiter aus, dass widersetzliches Verhalten wie Steigen, Buckeln oder Durchgehen bei Pferden angeboren sei. Grundsätzlich könne ein solches Verhalten zwar auch anerzogen werden, aber jedenfalls werde in der Literatur ein solches Verhalten als Problemverhalten definiert. Ein Amateurpferd zeichne dagegen aus, dass ein solches Problemverhalten nicht auftrete. Das streitgegenständliche Pferd sei jedoch mehrfach und hartnäckig gestiegen, was bei einem Amateurpferd nie sein dürfe, so der Sachverständige. Das gezeigte Problemverhalten des streitgegenständlichen Pferdes sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Charakter angelegt und damit angeboren.

Das Gericht folgte dem Sachverständigen in seinen Ausführungen und gelangte zu der Überzeugung, dass die charakterbedingten Mängel bereits bei der Übergabe des Pferdes vorlagen. Jedenfalls sei der Beklagte für die Widerlegung der Vermutung nach § 476 BGB a.F. beweisfällig geblieben.

Weiter führte das Gericht aus, dass der hier vorliegende Mangel nach den Ausführungen des Sachverständigen im Charakter des Pferdes begründet und damit angeboren und nicht heilbar sei. Somit läge ein anfänglicher unbehebbarer Mangel vor, bei dem der Beklagte von seiner Nacherfüllungspflicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB frei sei. Die Klägerin könne daher, ohne zuvor eine Frist zur Nacherfüllung setzen zu müssen, vom Kaufvertrag entsprechend § 326 Abs. 5 BGB zurücktreten. Neben der Pflicht, den Kaufpreis (48.000 Euro) Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Pferdes zu zahlen, sei der Beklagte weiter verpflichtet, der Klägerin die notwendigen Verwendungen im Sinne von § 347 Abs. 2 BGB insbesondere die Kosten für die artgerechte Unterbringung in einem Stall, d.h. Boxenmatratze, Futter, Pflege, artgerechte Bewegung, Hufschmied, Wurmkur, Tierarzt, Tierhalterhaftpflichtversicherung zu erstatten, so das Gericht.

Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema: Gekauftes Pferd stellt sich als unwillig und unberechenbar heraus.

Im vorliegenden Fall (OLG Oldenburg 2018) hatte eine Reiterin aus New York im Alter von 58 Jahren begonnen, Reitunterricht zu nehmen. Sie suchte ein umgängliches und leichtrittiges sowie lektionssicheres Lehrpferd, das für sie mit ihren geringen Erfahrungen geeignet sein sollte. Der Beklagte aus dem Landkreis Emsland stellte ihr das Pferd „C“ vor. Nach drei Proberitten wurde „Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema: Gekauftes Pferd stellt sich als unwillig und unberechenbar heraus.“ weiterlesen

Ihre Anwälte für Pferderecht informieren: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27.09.2021

Nach Übergabe festgestellte Vernarbungen im Maulwinkel eines Pferdes berechtigen allein nicht zur Rückabwicklung des Kaufvertrags

 

Vernarbungen im Bereich der Maulwinkel sprechen für sich allein nicht für eine chronische Erkrankung. Der Befund kann vielmehr jederzeit aufgrund reiterlicher Einwirkung eintreten und lässt damit keinen Rückschluss auf eine Erkrankung bei Gefahrübergang zu. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute veröffentlichter Entscheidung einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages über ein Turnierpferd verneint.

Der Beklagte betreibt einen „Ihre Anwälte für Pferderecht informieren: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27.09.2021“ weiterlesen

Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zur Frage, ob und wann ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich ist, wenn sich nach dem Erwerb des Pferdes Rittigkeitsprobleme zeigen.

Der BGH urteilte am 27.05.2020 (Az: VIII ZR 315/18), dass „Rittigkeitsprobleme“ durch von einem Reitpferd gezeigte Widersetzlichkeiten auch bei Vorliegen eines nicht mit Krankheitssymptomen verbundenen Kissing-Spines-Befundes -in Ermangelung einer anderslautenden Beschaffenheitsvereinbarung oder eines besonderen Vertragszwecks-kein Sachmangel darstellt.

Was war passiert:

Die Käuferin erwarb als Verbraucherin am 5. Oktober 2013 von der Verkäuferin, die Pferdeauktionen ausrichtet, auf der „79. Herbst-Elite-Auktion“ den fünf Jahre alten Wallach „Santiano K“ für 31.733,19 € zur Nutzung als Sportpferd.

In der Folgezeit bildete die Tochter der Käuferin, die als Pferdewirtin und -ausbilderin tätig ist, das Pferd, welches bereits erfolgreich an Turnieren teilgenommen hatte, weiter aus, um es auf den Leistungsstand der Klasse L zu bringen. Im Mai 2014 nahm die Tochter mit dem Pferd an einer Dressurprüfung dieser Klasse teil. Mit Anwaltsschreiben vom 12. Dezember 2014 focht die Käuferin den Kaufvertrag unter Berufung auf arglistige Täuschung an. Sie behauptete unter anderem „gravierende Rittigkeitsprobleme“; das Pferd habe „insbesondere die Widersetzlichkeiten des Blockens beziehungsweise Blockierens“ gezeigt. Mit Anwaltsschreiben vom 16.März 2015 erklärte die Käuferin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie behauptet im Wesentlichen, die gezeigten „Rittigkeitsmängel“ beruhten auf verengten Dornfortsätzen der Wirbelsäule (Kissing Spines).

Das Landgericht hatte die auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pferds, Feststellung des Annahmeverzugs sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen sowie Einholung eines fachtierärztlichen Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Anhörung des Sachverständigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Käuferin vor dem Oberlandesgericht hatte -nach Vernehmung weiterer Zeugen sowie erneuter Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht -Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Verkäuferin ihr Klageabweisungsbegehren weiter und bekam vor dem BGH Recht.

Der BGH führte in seinem Urteil unter anderem aus:

a)Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass es bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und infolge-dessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre

b)Demgemäß wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen

c)Diese Grundsätze gelten nicht nur für physiologische Abweichungen vom Idealzustand, sondern auch für ein vom Idealzustand abweichendes Verhalten, wie etwa sogenannte „Rittigkeitsprobleme“, wenn das Pferd nicht oder nicht optimal mit dem Reiter harmoniert und Widersetzlichkeiten zeigt.

d)Entspricht die „Rittigkeit“ eines Pferdes nicht den Vorstellungen des Reiters, realisiert sich für den Käufer -wenn nicht klinische Auswirkungen hinzukommen-daher grundsätzlich lediglich der Umstand, dass es sich bei dem erworbenen Pferd um ein Lebewesen handelt, das -anders als Sachen -mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet ist.

e)Nach dieser Maßgabe sind „Rittigkeitsprobleme“ durch von einem Reitpferd gezeigte Widersetzlichkeiten auch bei Vorliegen eines nicht mit Krankheitssymptomen verbundenen Kissing Spines-Befundes -in Ermangelung einer anderslautenden Beschaffenheitsvereinbarung oder eines besonderen Vertragszwecks-kein Sachmangel der die Rücktrittsvoraussetzungen im für einen Rücktritt erfüllt.