Ihre Anwälte für Pferderecht informieren: Gruppenhaltung: Keine Mithaftung durch den Tierhalter eines verletzten Pferdes aus § 833 BGB

AG Freiburg im Breisgau       8.07.2022   

Im vorliegenden Fall war es zu einer Verletzung des Pferdes der Klägerin durch das Pferd der Beklagten gekommen; beide Pferde befanden sich zum Zeitpunkt des Vorfalls in einer größeren Gruppe von Pferden auf der Koppel. Die Klägerin war zu dem Zeitpunkt in die betriebliche Organisation (Betreiber des Betriebs war ihr Lebenspartner) eingebunden, jedoch ohne in einem förmlichen Anstellungsverhältnis zu stehen. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten Pferdehalterin zahlte in Folge des Vorfalls nur die Hälfte der Behandlungskosten. Die Klägerin vertrat allerdings die Rechtsauffassung, dass die Beklagte für die Behandlungskosten vollumfänglich hafte, da sie keine Mitverantwortung aus der Tiergefahr für das Schadensereignis trage. So sei eine solche für das Geschehen nicht mitursächlich gewesen, weil ihr Pferd kein eigenes Verhalten gezeigt habe, sondern lediglich, passiv ohne jede Interaktion mit 10 Meter Abstand zu dem Pferd der Beklagten und ohne Setzung von Formreizen, in der Herde gestanden habe. Auch hätte es sich bei der Pferdegruppe um eine länger bestehende Gruppe gehandelt, so dass der Vorwurf einer fehlerhaften schuldhaften Zusammenführung nicht gegeben sei. Die Beklagte war jedoch der Ansicht, dass sich die Klägerin die realisierende Tiergefahr des verletzten Pferdes auch bei völlig passiven Verhalten des Tieres anrechnen lasse müsse. Des Weiteren hätte die Klägerin gewünscht, dass ihr Pferd artgerecht in einer Gruppe mit anderen Pferden auf der Weide gehalten würde. Eine daraus resultierende ständige Gefahr einer Verletzung im Rahmen einer Auseinandersetzung sei von der Klägerin bewusst eingegangen worden. Gleichfalls hätte die Klägerin die Funktion einer Tierhüterin im Sinne des § 834 BGB innegehabt. Dies führe zu einer Beweislastumkehrung zulasten der Klägerin und müsse auf die Beweislastverteilung der Tierhalterhaftung erstreckt werden.

Das Gericht befand, dass sich die Klägerin weder die eigene Tierhalterhaftung (§ 833 BGB), noch eine Haftung als Tieraufseher (§ 834 BGB) oder ein eigenes Verschulden (§ 254 BGB) schadenmindernd anrechnen lassen müsse. Das Gericht führte dazu aus, dass das verletzte Pferd nicht durch ein eigenes Verhalten, welches über seine physische Anwesenheit hinaus gegangen sei, an der Entstehung des Schadens beteiligt gewesen war. Dies sei unter Bezugnahme der Einvernahme einer Zeugin, sowie durch das Sachverständigengutachten, bewiesen. Auch scheide eine Mithaftung aus § 834 BGB aus, da die Klägerin auf Grund eines fehlenden Vertragsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagten keine Tieraufseherin gewesen sei. Gleichfalls hätte kein schuldhaftes eigenes Verhalten seitens der Klägerin zur Schadensentstehung beigetragen, da der Klägerin aus der Zusammenführung bzw. Vorbereitung der Pferde zu einer Gruppe kein Verschuldensvorwurf gemacht werden könne. Für eine etwaige Pflichtverletzung aus dem Einstellvertrag hafte gegebenenfalls der Stallbetreiber, so das Gericht. Auch käme es deshalb in dem Zusammenhang nicht drauf an, ob die Zusammenführung „alternativlos“ gewesen sei, was nicht einmal die Klägerin behauptet hätte.