LG Darmstadt 24.7.2012
Verletzung des Ersthelfers durch ein in Not geratenes Pferd
Im vorliegenden Fall hatte sich ein Pferd im Pensionsstall unter der unteren Stange des Paddocks festgelegt und eingeklemmt. Der Pensionsbetreiber zog einen Mitarbeiter hinzu, um das Pferd aus der misslichen Lage zu befreien. Als sich der Mitarbeiter neben dem Pferd befand, traf ihn ein Schlag des Pferdes gegen sein Knie. Dabei zog sich der Mitarbeiter ein Schienbeinkopfbruch zu. Es folgte eine Gesamtbehandlung von 12 Wochen mit zwei Operationen und einer Rehabilitationsbehandlung.
Der Mitarbeiter verklagte daraufhin den Halter des Pferdes auf Schadensersatz. Er verlangte die Zahlung eines Schmerzensgelds und die Differenz von dem gezahlten Krankengeld und des in der Zeit zu bekommenden Nettoverdienstes.
Die Halterin des Pferdes behauptete, dass es durchaus andere Möglichkeiten gegeben hätte, als die Möglichkeit die der Mitarbeiter gewählt hätte, um das Pferd aus der misslichen Lage zu befreien. Auch sei der Paddock, insbesondere der Paddockzaun, nicht ordnungsgemäß gestaltet gewesen. Weiterhin vertrat die Halterin des Pferdes die Meinung, dass sich der Mitarbeiter, wie auch der Pensionsbetreiber, ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen müsste.
Das Gericht sah den Anspruch des Mitarbeiters auf Schadensersatz als gegeben. Bei der Verletzung des Mitarbeiters durch das Pferd handele es sich um eine typische spezifische Tiergefahr. Eine solche läge dann vor, wenn sich die durch die tierische Natur und das unberechenbare und selbständige Verhalten des Tieres hervorgerufene Gefährdung der Gesundheit eines Dritten sich verwirklicht hätte, so das Gericht. Dabei könnte es hier dahingestellt bleiben, ob der Mitarbeiter vom Kopf oder vom Huf des Pferdes getroffen worden sei, und ob der Schlag durch das liegende, sich aufrichtende oder davonstürmende Pferd erfolgt sei. Weiter führte das Gericht aus, dass auch der Anspruch nicht dem Grunde nach durch ein Mitverschulden des Mitarbeiters und/oder des Pensionsstallbesitzers zu mindern sei. Ein Mitverschulden scheide hinsichtlich des Mitarbeiters aus, da die Annäherung des als erfahrenen Pferdepfleger anzusehenden Mitarbeiters unumgänglich gewesen sei, da jede alternative Maßnahme, wie das Anlegen einer Longe, laut hinzugezogenen Sachverständigen gleichfalls eine Annährung erfordert hätte. Auch beständen keine Anhaltspunkte, dass sich die von der Halterin des Pferdes beschworene Gefahr der Anwesenheit mehrerer Personen in der Pferdebox verwirklicht hätte. Hinsichtlich des Zustandes des Paddocks folgte das Gericht gleichfalls dem Sachverständigen und befand, dass es sich um eine ordnungsgemäße Stallung gehandelt hätte, die insbesondere für die Größe des streitgegenständlichen Pferdes geeignet gewesen sei. So sei speziell der von der Halterin des Pferdes gerügte Abstand der unteren waagerechten Stange vom Boden und auch der Stangen untereinander nicht zu beanstanden.